Sonntag // 27.11.2022 // 19:30 Uhr

 


 

Mit den Ohren sehen.

 

Die Schauspieler machen einen Versuch.

 

Nicht-Sehende Menschen können diese Theater-Vorstellung besuchen.

 

Alles was man nicht sehen kann, wird erklärt.

 

Alle sehenden Zuschauer:innen können eine Schlaf-Brille bekommen.

 

Mit dieser Brille kann man nichts sehen.

 

Man kann das Theater dann nur hören.

 


 

 

„Mit den Ohren sehen“ hieß ein Workshop des Bundesverband freie darstellende Künste, den Ensemblemitglied Felix Forsbach 2021 in Berlin besuchte. Im Anschluss an diesen Workshop entschloss sich das Ensemble Ernst von Leben erstmals das Experiment zu wagen, einen Improvisationsauftritt mit Audiodeskription auf die Bühne zu bringen.

 

Es wird allen Besucher:innen die Möglichkeit gegeben, einen Auftritt zu hören, sich vollständig auf diesen Sinn zu konzentrieren. Der Theaterauftritt schafft die Möglichkeit für Sehende als auch Nicht-Sehende, Improvisation zu hören.

 

Alle Nicht-Sehenden sind ganz besonders herzlich ein geladen, diese vielleicht einmalige Chance zu nutzen, Improvisationstheater mit Audiodeskription zu besuchen.

 

Außerdem bekommen (durch Schlafbrillen) alle Sehenden Besucher:innen Gelegenheit, einen Auftritt mit Audiodeskription zu erleben.

 

Bei Rückfragen steht das Ensemble Ernst von Leben sehr gern per Mail an hallo@ernstvonleben.de zur Verfügung. Wenn Sie Ihre Telefonnummer senden, werden Sie auch gern zurück gerufen.

 

Es wird in der KUFA erstmals Improvisationstheater mit Audiodeskription gespielt.

 

Alle Menschen, die nicht blind sind, haben die Möglichkeit am Einlass Schlafbrillen zu bekommen und sich auf einen Theaterabend für die Ohren einzulassen.

 

Auf Grund dieser außergewöhnlichen Veranstaltung in der Kulturfabrik, haben die sehbehinderten Mitglieder der neu gegründeten Kufa Redaktion, Arne Butscher und Jan Schug unter der Leitung des Ehrenamtlers Udo Pörschke ein Interview mit dem Ensemble Mitglied Felix Forsbach geführt:

 

Warum machen Sie diese Veranstaltung? Welche Intension steht dahinter?

Eine Intention beim improvisierten Theater ist immer eine schwierige Frage. Da wir im Grunde ohne Intention immer wieder neu im Moment Theater auf die Bühne bringen. Grundsätzlich möchten wir mit unseren Auftritten Freude bereiten und vielleicht auch mal zum Nachdenken anregen. Zu dem Auftritt gemeinsam mit der Audiodeskriptorin Haide Voelz kam es, weil ich an einem Workshop zum Thema „Theater für blinde Menschen“ in Berlin teilnahm und diese Erfahrung sehr hängen geblieben ist. Ich hatte bei dem Workshop über zwei Stunden eine Schlafmaske auf und daher ein bisschen Zeit ohne visuelle Reize erlebt. Dies geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.

 

Wen wollen Sie mehr mit Ihrem Projekt ansprechen? Erblindete oder Sehende?

Unbedingt beide gleichermaßen! 

 

Was bezwecken Sie mit Ihren Vorstellungen für die Menschen mit Erblindung?

Es ist etwas vermessen, wenn ich von Teilhabe spreche. Aber wir würden dieses Experiment gerne vagen. Improvisationstheater mit Audiodeskription zu spielen, da wir sehr gerne den erblindeten Menschen die Möglichkeit geben möchten diese Kunstform einmal zu erleben. Soweit ich weiß, hat es – zumindest in Deutschland – noch nie stattgefunden und zum anderen möchten wir sehr gerne die Sehenden sensibilisieren. Dies ist auf jeden Fall für mich ein sehr großer „Aha-Effekt“ gewesen, als ich an dem Workshop in Berlin teilnahm.

 

Welches Ziel verfolgen Sie für die “sehenden“ Zuschauer?

Das was ich eben schon ausgeführt habe. Wir möchten sensibilisieren und die Möglichkeit geben einmal Theater rein akustisch wahrzunehmen. Dies kann sehr schwer für Sehende werden, aber es birgt auch die Chance zu bemerken, wie viel man doch auch mit den Ohren sehen kann.

 

Besteht aus Ihrer Sicht Bedarf für solche Veranstaltungen und warum?

Das müssten Sie ehrlich gesagt blinde Menschen fragen. Was ich aber festgestellt habe, ist, dass bspw. das ETA Hoffmann Theater, soweit ich weiß, keine Aufführungen mit Audiodeskription im Spielplan hat. Wenn ich mal in Berlin im Theater bin, fällt mir immer sehr positiv auf, wie viel Mühe sich dort gegeben wird niedrigschwellige und vor allem barrierefreie Aufführungen anzubieten. Ein kleines Beispiel ist es, dass im Studio des Gorki Theaters keine Herren und Damen Toiletten sind und die Pissoirs abgeschraubt wurden. Oder, dass es fast immer englische Übertitel gibt. Ich bin mir jedoch ganz sicher, dass bzgl. der Barrierefreiheit noch ganz viel mehr getan werden kann.

 

Besteht ein Interesse an der “Sicht“ der Blinden/Sehbehinderten auf die Veranstaltung?

Unbedingt! Wir alle sind sehr gespannt auf die Stunde nach der Vorstellung und sehr daran interessiert wie blinde oder sehbehinderte Menschen die Aufführung wahrgenommen haben.

 

Hatten Sie in der Vorbereitung des Projektes Kontakt zu Blinden, um sich mit der Spezifik des Themas auseinanderzusetzen?

Leider nein. Haide Voelz, die die Audiodeskription übernehmen wird, hat in einer Probe sehr viel Sensibilisierungsarbeit gemacht und sie ist sehr erfahren in der Audiodeskription und dem Arbeiten mit und für blinde Menschen.

 

Welche Berufe/Ausbildungen haben die Schauspieler?

Wir sind ein freies Ensemble und arbeiten alle sowohl gemeinsam als auch einige Ensemblemitglieder professionell im Theater und der Kunst. Die Musiker, es sind alles Männer, haben alle eine Ausbildung im Bereich Musik. Wir Schauspieler:innen sind alle Autodidakt:innen.

 

Woher kommen die Schauspieler? Gibt es einen regionalen Bezug oder ist Bamberg nur ein Spielort von vielen?

Die meisten von uns leben schon seit einigen Jahren in Bamberg. Tatsächlich ist es aber so, dass wir sowohl aus finanzieller Sicht als auch wegen der fehlenden Auftrittsmöglichkeiten vor allem außerhalb von Bamberg spielen. Gerade gestern sind wir von einem Auftritt in Prag zurückgekommen.

 

Wie oft haben Sie das schon gemacht und welche Erfahrungen hatten Sie?

Wenn Sie Theater mit Audiodeskription meinen, ist das unsere Premiere. Auf der Bühne standen wir schon viel. Vor kurzem haben wir einmal nachgezählt und unser improvisiertes Krimiformat „Tarte d’ort“ haben wir seit 2015 bereits 168mal gespielt.

 

Gibt es ähnliche Projekte in Deutschland oder wie sind Sie darauf gekommen, das zu machen?

Das es Theater mit Audiodeskription gibt, ist uns bekannt, aber wir glauben, dass wir die ersten sind die Improvisationstheater in dieser Form spielen. Die Idee entstand wie gesagt im Anschluss an einen Workshop in Berlin.

 

Warum Impro und kein festes, bekanntes Stück? Wäre das nicht leichter und risikoloser?

Nun wir spielen halt Improvisationstheater. Bei der Probe stellten wir auch fest, dass es dadurch, dass alle Besucher:innen aber auch wir auf der Bühne die Beschreibung der Audiodeskription hören, gerade dies besonders spannend ist. Wir können immer auf die Beschreibung reagieren und die Audiodeskription auf uns. So beeinflussen sich beide Ebenen und es ist – so hoffen wir – gerade dadurch eine besonders gute Umsetzung, welche durch die Audiodeskription und Improvisation möglich wird.

 

Wie ist es geregelt, dass die Audiodeskription und der Text der Schauspieler sich nicht ständig gegenseitig unterbrechen?

Wenn es passiert, ist es gewollt… (lacht) Dadurch, dass wir wie gesagt auch alles hören, werden wir dies in unserem Schauspiel berücksichtigen, damit es möglichst wenig passiert. Ganz vermeiden lässt es sich aber ganz sicher nicht.

 

Was glauben Sie, wie viele Menschen mit Erblindung kommen? Wieviel Prozent der Zuhörer/Zuschauer werden das sein? Oder haben Sie schon Erfahrungswerte?

Da es am 27.11.2022 eine Premiere ist, haben wir keine Erfahrungswerte. Auch kann ich nur schwer einschätzen, wie viele Menschen mit Erblindung in Bamberg leben und wie wir diese erreichen können. Wir hoffen auf Mund zu Mund Propaganda und dass dann viele Menschen sich trauen dieses Experiment mit uns gemeinsam zu wagen. Erzählen Sie es doch bitte sehr gern weiter!

 

Bleibt die Veranstaltung einmalig oder soll es regelmäßig angeboten werden?

Das kommt auch auf Ihre Rückmeldung nach der Aufführung an. Wenn Sie sagen, dass wir es wiederholen sollen, dann denke ich, dass wir dies sehr gerne in die Tat umsetzen werden.

 

…Und diese Rückmeldung wird das Ensemble auch bekommen, denn die Redaktionsmitglieder werden am 27.11. vor Ort sein und den Schauspielern nach der Aufführung ein Feedback aus ihrer „Sicht“ geben.

Was?

Theater

Wer?

Ensemble Ernst von Leben

Wann?

So. 27.11.2022 // 19:30 Uhr

Wo?

KUFA

Eintritt?

15 € erm. 12 € - Bei „B“ im Behindertenausweis ist die Begleitperson frei.

Veranstalter

KUFA

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